Minimalistische Illustration eines menschlichen Rückens mit sichtbarer Wirbelsäule vor abstraktem Hintergrund – Sinnbild für die Skoliosetherapie nach Schroth bei Erwachsenen

Skoliosetherapie nach Schroth bei Erwachsenen: Wie gezielte Übungen Schmerzen lindern und Haltung verändern

Inhaltsverzeichnis

Der krumme Rücken und das gerade Leben – eine persönliche Perspektive

Man sieht es nicht immer. Viele erwachsene Menschen mit Skoliose haben gelernt, ihren Alltag zu meistern – mit schrägen Schultern, verspanntem Nacken oder einem ziehenden Schmerz, der morgens zur Routine geworden ist. Vielleicht ist es eine Frau Mitte fünfzig, die als Lehrerin jeden Tag vor der Klasse steht. Oder ein Mann, der trotz Rückenschmerzen seine Enkel auf den Arm nimmt, ohne sich je über die Ursache Gedanken gemacht zu haben.

Skoliose ist kein Phänomen der Jugend. Oft bleibt sie über Jahre unbemerkt – oder wird als „schlechte Haltung“ abgetan. Doch im Erwachsenenalter können die Folgen spürbarer werden: Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit, das Gefühl, im eigenen Körper nicht mehr ganz aufrecht stehen zu können.

Und irgendwann kommt der Moment, in dem man sich fragt:
Geht da noch was?“

Ja, da geht was. Und genau hier kommt die Schroth-Therapie ins Spiel – ein Ansatz, der mehr kann, als nur Muskeln zu stärken. Er hilft Menschen, ihren Körper neu kennenzulernen, Haltung nicht nur zu korrigieren, sondern zu verstehen.

Wenn die Wirbelsäule Geschichten schreibt – Skoliose im Erwachsenenalter verstehen

Visualisierung der Skoliose im Erwachsenenalter: Ursachen, Symptome und Auswirkungen in konzentrischen Ebenen dargestellt, von der Wirbelsäulenverkrümmung bis zur Beeinträchtigung der Lebensqualität

Unsere Wirbelsäule ist mehr als ein Knochengerüst – sie ist ein Erinnerungsort. Jeder Mensch trägt seine Geschichte darin: Belastungen, Bewegungsmuster, vielleicht auch Verletzungen oder – wie bei der Skoliose – eine krumme Linie, die oft schon früh ihren Anfang nahm.

Skoliose bedeutet: Die Wirbelsäule ist seitlich verkrümmt und zusätzlich verdreht. Dabei entsteht kein eleganter Bogen wie in einer Tanzfigur, sondern eine asymmetrische Lastverteilung, die Muskeln überfordert, Organe einengt und Haltung verändert.

Bei Erwachsenen unterscheidet man zwei Hauptformen:

  • Idiopathische Skoliose: meist bereits in der Jugend entstanden – aber nie (ausreichend) behandelt.

  • Degenerative Skoliose: entwickelt sich im Lauf des Lebens durch Verschleiß, Bandscheibenschäden oder Osteoporose.

Typisch für Skoliose im Erwachsenenalter sind:

  • Rückenschmerzen, oft einseitig oder ziehend

  • Verspannungen, die sich hartnäckig halten

  • Bewegungseinschränkungen, besonders beim Drehen, Bücken oder längeren Stehen

  • Asymmetrisches Körperbild, das sich subtil – oder sichtbar – verändert

Was viele überrascht:
Skoliose ist nicht immer schmerzhaft – aber sie kann schleichend Lebensqualität kosten.

Und genau deshalb ist ein individueller Therapieansatz wichtig – einer, der nicht nur „geradebiegen“ will, sondern versteht, wie komplex Haltung wirklich ist.

Therapie mit Haltung – Die Schroth-Methode als Wegweiser zur Aufrichtung

Grafik zum Schroth-Therapie-Zyklus mit vier Elementen: dreidimensionale Korrektur, korrigierende Atmung, sensorisches Feedback und Muskelgleichgewicht – dargestellt als farbiger Ablaufkreis

Die Geschichte der Schroth-Therapie beginnt nicht in einem Labor, sondern mit einer jungen Frau, die sich weigerte, ihre Skoliose einfach hinzunehmen. Katharina Schroth, geboren 1894 in Dresden, hatte selbst eine Wirbelsäulenverkrümmung – und keinen Zugang zu modernen Hilfsmitteln. Also begann sie, mit Spiegeln, Atemtechniken und eigenem Körpergefühl zu experimentieren.

Was daraus entstand, war revolutionär:
Eine dreidimensionale Skoliosetherapie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt – nicht nur seine Krümmung.

Die Grundprinzipien der Schroth-Therapie:

  • Dreidimensionale Korrektur: nicht nur seitlich „gerade“, sondern auch rotatorisch entdrehend und vertikal aufrichtend

  • Korrigierende Atmung: gezielte Atemlenkung in die „Konkavseite“ der Rippen – dort, wo sonst zu wenig Bewegung stattfindet

  • Sensorisches Feedback: über Spiegel, Berührung und bewusste Wahrnehmung wird ein neues Körpergefühl erlernt

  • Muskuläres Gleichgewicht: gezielter Aufbau verkürzter und abgeschwächter Muskelgruppen

Das Ziel?
Nicht Perfektion, sondern funktionelle Aufrichtung. Nicht Norm, sondern Selbstwirksamkeit.

Diese Haltung macht die Schroth-Therapie besonders – und sie wirkt gerade bei Erwachsenen, die gelernt haben, mit Schmerzen zu leben, manchmal wie ein Türöffner zurück zur Körperautonomie.

Von Kontrolle zu Körpergefühl – was Erwachsene an der Schroth-Therapie schätzen

Im Gegensatz zu Jugendlichen, bei denen es oft um Korrektur und Wachstumslenkung geht, steht bei Erwachsenen mit Skoliose ein anderes Ziel im Vordergrund: Lebensqualität zurückgewinnen. Schmerzen lindern. Wieder Vertrauen in den eigenen Körper fassen. Haltung nicht nur als äußere Form, sondern als innere Erfahrung begreifen.

Die Schroth-Therapie bietet genau das – und wird für viele Erwachsene zur echten Entdeckung. Warum?

 

1. Individuelle Ausrichtung statt Standardübungen

Keine zwei Skoliosen sind gleich – und ebenso wenig die Lebensrealitäten. Die Schroth-Therapie berücksichtigt die konkrete Krümmung, das Alter, die körperliche Belastbarkeit und auch persönliche Ziele. Sie passt sich an – nicht umgekehrt.

 

2. Fokus auf Schmerzfreiheit und Funktion

Ziel ist nicht „gerade um jeden Preis“. Vielmehr geht es darum:

  • Beweglichkeit zu erhalten

  • muskuläre Dysbalancen auszugleichen

  • schmerzfreie Bewegungen im Alltag zu ermöglichen

     

3. Körperbewusstsein stärken

Viele Patient:innen berichten, dass sie sich durch die Therapie wieder mehr spüren. Dass sie Zusammenhänge erkennen – etwa, wie ihre Atmung Haltung beeinflusst oder welche Alltagshaltung Beschwerden verstärkt.

 

4. Alltagstauglichkeit und Nachhaltigkeit

Was bringt die beste Therapie, wenn sie nur auf der Behandlungsliege stattfindet? Schroth-Übungen lassen sich – angepasst – auch in Beruf, Haushalt oder Freizeit integrieren. Das macht sie nachhaltig.

 

Und vielleicht das Wichtigste:

Die Therapie nimmt Erwachsene ernst in ihrer Eigenverantwortungohne sie zu überfordern.

Spiegel, Atmung, Achtsamkeit – So fühlt sich Schroth-Therapie an

Wer zum ersten Mal eine Schroth-Therapie erlebt, merkt schnell:
Das ist keine passive Behandlung, bei der man sich einfach auf die Liege legt. Hier wird mitgedacht, mitgeatmet, mitgefühlt.

1. Die erste Sitzung: Analyse statt Schnellstart

Zu Beginn steht eine ausführliche Bestandsaufnahme:

  • Sichtbare Körperhaltung (Spiegel, Foto, ggf. 3D-Analyse)

  • Palpation der Muskelspannung und Rippenbeweglichkeit

  • Klärung der individuellen Beschwerden, Alltagsbelastungen und Therapieziele

Erwachsene bringen oft eine lange „Beziehung“ zum eigenen Körper mit – samt Schmerzmustern und Gewohnheiten. Diese gilt es zu erkennen und nicht zu übergehen.

2. Die Übungen: Haltung denken, fühlen, steuern

Schroth-Übungen wirken auf mehreren Ebenen gleichzeitig:

  • Lagerung: Der Körper wird so positioniert, dass sich die skoliotischen Zonen entspannen oder dehnen lassen.

  • Korrektur: Aktive Muskelarbeit bringt bestimmte Körperbereiche in eine ausbalancierte Position – oft unterstützt durch kleine Reize wie Druckpunkte, Therabänder oder Kontaktflächen.

  • Atmung: Durch gezielte Atemführung in die „verkürzten“ (konkaven) Zonen werden diese aktiviert und gedehnt.

  • Wahrnehmung: Über Spiegel, Rückmeldung durch die Therapeut:in und Eigenbeobachtung entsteht ein neues Körpergefühl.

Ein Beispiel:
Eine Patientin mit einer thorakalen Rechtskonvexität übt vor einem Spiegel eine aufrichtende Drehwinkelatmung in Seitlage – unterstützt von gezieltem Druck an der Hüfte, einem Block unter der Rippenzone und bewusst gesetzter Atmung.

3. Therapiealltag: Wiederholung, Variation, Integration

Der Erfolg der Schroth-Therapie entsteht durch:

  • Regelmäßigkeit: am besten 2–pro Woche angeleitet, dazu eigenständiges Üben zuhause

  • Variation: die Übungen passen sich dem Alltag an – Stehen, Sitzen, Gehen

  • Integration: Haltung wird nicht zur Pflicht, sondern zur Ressource. Sie begleitet Treppensteigen, Kochen, Arbeiten – ganz unauffällig und doch wirkungsvoll

Schroth heißt: nicht nur üben – sondern umlernen.

Keine Magie – aber manchmal ein Wunder

Schroth ist kein Zaubertrick. Es begradigt keine Wirbelsäule über Nacht. Es macht keine Operationsnarbe unsichtbar. Und doch berichten viele Erwachsene nach einiger Zeit:
Ich stehe anders. Ich atme freier. Ich fühle mich wieder wie ich selbst.“

Fallbeispiel 1: Marion, 62 – vom Rückzug zur Rückkehr

Marion kam mit chronischen Rückenschmerzen und einer langjährigen idiopathischen Skoliose. Der Alltag war mühsam geworden, das Sitzen im Theater oder beim Essen unangenehm, Spaziergänge kürzer.

Nach 12 Wochen Schroth-Therapie sagt sie:

Die Schmerzen sind nicht weg – aber ich bin ihnen nicht mehr ausgeliefert. Ich weiß, was ich tun kann. Und das gibt mir Sicherheit.“


Fallbeispiel
2: Thomas, 48 – zurück zur Selbstständigkeit

Thomas war als Handwerker viel in Bewegung – bis die degenerative Skoliose ihn zunehmend einschränkte. Nach mehreren Rückfällen wollte er etwas ändern.

Mit einem gezielten Schroth-Programm gelang es, seine Beweglichkeit deutlich zu verbessern.
Er trainiert heute regelmäßig und hat sich ein mobiles Arbeitsplatz-Setup mit schrothgerechtem Sitzen geschaffen.

Aber auch das gehört zur Wahrheit:

Die Schroth-Therapie hat Grenzen, die man kennen sollte:

  • Strukturelle Fixierungen (z. B. Verknöcherungen, Spondylodesen) schränken die Korrigierbarkeit ein

  • Bei starker Osteoporose sind manche Übungen kontraindiziert

  • Die Methode verlangt aktive Mitarbeitsie ist nichts für schnelle „Lösungen“

  • Schmerzen können auch andere Ursachen haben – nicht jeder Schmerz ist „skoliotisch“

Und doch:

Gerade für Menschen, die sich lange mit ihren Beschwerden allein gefühlt haben, ist Schroth oft mehr als eine Methode –
sie ist ein Dialog mit dem eigenen Körper, der endlich wieder zuhört.

Aufrichten ist eine Haltung – nicht nur des Körpers

Kreisgrafik zum Zyklus der Haltungsverbesserung mit drei Phasen: Haltung verstehen, Haltung integrieren und Selbstbild verbessern – visualisiert in drei farbigen Ringen

Es beginnt vielleicht im Therapieraum – aber es wirkt weiter:
in der Küche, im Büro, im Bus. Die Schroth-Therapie ist keine Insellösung. Sie schult die Fähigkeit, den eigenen Körper im Alltag zu navigieren – achtsam, ausgerichtet, selbstwirksam.


1.
Haltung ist mehr als Geometrie

Viele Erwachsene haben ein Leben lang gehört:
Du musst gerade sitzen!
Doch was bedeutet das eigentlich?

Die Schroth-Therapie vermittelt:

  • Wie Haltung sich anfühlt, nicht nur wie sie aussieht

  • Dass eine aktive Aufrichtung nichts mit Verkrampfung zu tun hat

  • Dass auch kleine Veränderungen – z. B. die Ausrichtung der Füße oder die Spannung in der Körpermitte – große Wirkung haben können

     

2. Integration in den Alltag

Ob beim Sitzen im Auto, Tragen von Einkäufen oder bei Gesprächen am Schreibtisch:
Einmal bewusst gelernt, lassen sich viele Prinzipien der Schroth-Therapie „nebenbei“ anwenden:

  • Atmung in engen Momenten bewusst lenken

  • Sitzhaltung dynamisieren statt fixieren

  • Rückmeldungen wahrnehmen: z. B. Spannung im Rücken = Zeit für Mikrobewegung

So wird Therapie zum Werkzeugkasten – nicht zur Belastung.

 

3. Haltung und Selbstbild

Gerade bei langjähriger Skoliose spielt oft auch das Körperbild eine große Rolle:

  • Was zeige ich nach außen?

  • Wie sehe ich mich selbst?

  • Was „darf“ mein Körper können oder sein?

Die Arbeit an der Haltung ist oft auch eine psychologische Reise:

Vom „Ich muss das versteckenzum „Ich darf damit arbeiten.

Viele Erwachsene erleben durch die Schroth-Therapie ein neues Verhältnis zu ihrem Körper – jenseits von Normen und Perfektion.

Weil Aufrichtung mehr ist als ein gerader Rücken

Die Schroth-Therapie ist keine Wunderwaffe. Sie macht nicht aus jeder Krümmung eine Linie.
Aber sie schenkt Menschen etwas, das oft verloren gegangen ist:
Ein Gefühl von Kontrolle. Von Orientierung. Von Würde.

Gerade im Erwachsenenalter, wenn die Jahre ihre Spuren hinterlassen haben und der Körper oft mehr duldet als klagt, braucht es keinen perfekten Rücken –
sondern einen aufrechten Umgang mit sich selbst.

Die Schroth-Therapie ist ein Weg dorthin.
Ein Weg, der nicht nach oben zeigt – sondern nach innen.
Zu einem Körper, der gehört werden will.
Zu einem Leben, das wieder leichter wird.

Sie haben Skoliose und möchten herausfinden, ob die Schroth-Therapie für Sie geeignet ist?

Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf – telefonisch, per E-Mail oder direkt über das Kontaktformular auf unserer Website.
Bei TheraMediCom in Dortmund nehmen wir uns Zeit für Ihr Anliegen und beraten Sie ehrlich, individuell und mit fachlicher Kompetenz.

Denn: Aufrichtung ist keine Frage des Alters – sondern eine Entscheidung.

Glossar: Schroth-Therapie und Skoliose

Skoliose

Eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, bei der die Wirbel zusätzlich verdreht sind. Skoliose kann angeboren, im Jugendalter entstanden oder im Erwachsenenalter durch Verschleiß bedingt sein.

Schroth-Therapie

Ein spezielles physiotherapeutisches Behandlungskonzept für Skoliose, das auf dreidimensionaler Haltungskorrektur, gezielter Atemlenkung und Muskelaktivierung basiert.

Drehwinkelatmung

Eine zentrale Technik in der Schroth-Therapie: Durch bewusst gelenkte Atmung werden verengte Bereiche des Brustkorbs gedehnt und mobilisiert – vor allem dort, wo sich die Rippen nach innen drehen.

Dreidimensionale Korrektur

Bezieht sich auf die gleichzeitige Behandlung von seitlicher Krümmung, Verdrehung und verkürzter Körperlänge der Wirbelsäule – mit dem Ziel, Haltung, Funktion und Symmetrie zu verbessern.

Haltungsschulung

Das bewusste Erlernen und Wiederherstellen einer aufrechten, funktionellen Körperhaltung – nicht durch Zwang, sondern durch aktives Spüren, Lenken und Korrigieren.

Eigenübungsprogramm

Ein individuell angepasstes Übungsset für Zuhause. Es sorgt dafür, dass die Therapie auch zwischen den Sitzungen wirksam bleibt – durch regelmäßiges, bewusstes Üben im Alltag.

FAQ: Häufige Fragen zur Schroth-Therapie bei Skoliose

Wie lange dauert es, bis erste Erfolge spürbar sind?

Viele Patientinnen und Patienten berichten bereits nach wenigen Wochen über erste Veränderungen – etwa weniger Schmerzen, ein besseres Körpergefühl oder mehr Beweglichkeit. Langfristige Erfolge entstehen jedoch durch regelmäßiges Üben und eine gute Anleitung.

Ja. Auch bei ausgeprägten oder lang bestehenden Krümmungen kann die Therapie Schmerzen lindern, Haltung stabilisieren und die Lebensqualität verbessern. Ziel ist hier nicht die vollständige Korrektur, sondern eine funktionelle Verbesserung im Alltag.

Unbedingt. Die Schroth-Therapie ist so aufgebaut, dass Sie mit individuell angepassten Übungen auch eigenständig arbeiten können. Entscheidend ist dabei die korrekte Ausführung – deshalb ist eine professionelle Anleitung zu Beginn wichtig.

In der Regel ja. Wenn eine ärztliche Verordnung für „Krankengymnastik“ vorliegt, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen einen Großteil der Kosten. Private Kassen erstatten je nach Vertrag.

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