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Frozen Shoulder: Warum Ihre Schulter „einfriert“ und warum weniger Therapie oft mehr ist
Ein tiefer Einblick in die Heilung einer komplexen Erkrankung
Wenn Sie diesen Artikel lesen, gehören Sie wahrscheinlich zu den Menschen, die gerade erfahren, wie massiv eine Schultererkrankung den Alltag beeinträchtigen kann. Vielleicht raubt Ihnen der Schmerz den Schlaf, oder einfache Bewegungen wie das Greifen nach dem Sicherheitsgurt oder das Kämmen der Haare sind plötzlich unmöglich geworden. Die Diagnose „Frozen Shoulder“ (in der Fachsprache: adhäsive Kapsulitis) löst oft Verunsicherung aus. Ist die Schulter kaputt? Habe ich mich falsch bewegt? Geht das wieder weg?
Wir möchten Sie an dieser Stelle zunächst beruhigen: Ihre Schulter ist nicht „kaputt“ im Sinne eines irreparablen Schadens. Sie durchläuft vielmehr eine sehr intensive, biologische Reaktion. In diesem Artikel nehmen wir Sie mit auf eine Reise in das Innere Ihres Schultergelenks. Wir verabschieden uns von veralteten Mythen und schauen uns an, was die moderne Wissenschaft der letzten 15 Jahre über diese Erkrankung herausgefunden hat. Unser Ziel ist es, dass Sie die Prozesse in Ihrem Körper verstehen, denn dieses Verständnis ist der erste und wichtigste Schritt zur Heilung.
Mehr als nur „verklebt“: Was in Ihrer Schulter wirklich passiert Einleitung
Früher stellten sich Ärzte und Therapeuten die Frozen Shoulder recht mechanisch vor. Man dachte, die Gelenkkapsel sei einfach „verklebt“, ähnlich wie zwei Seiten Papier, die mit Klebstoff aneinanderhaften. Heute wissen wir, dass dieses Bild zu simpel ist. Es handelt sich nicht um ein reines Mechanik-Problem, sondern um einen hochaktiven biologischen Prozess. [1]
Die Mechanismen: Ein Sturm im Gewebe
Stellen Sie sich die Gelenkkapsel, die Ihr Schultergelenk umschließt, wie einen elastischen, gut sitzenden Ärmel vor. Bei einer Frozen Shoulder beginnt dieser Ärmel nicht einfach zu schrumpfen. Der Prozess startet mit einer Entzündung der Gelenkinnenhaut, einer sogenannten Synovitis. [1]
Biopsien, also Gewebeproben aus dem frühen Stadium der Erkrankung, zeigen ein erstaunliches Bild: Das Gewebe ist voll von Immunzellen. T-Zellen, B-Zellen und Makrophagen – die „Polizei“ und „Müllabfuhr“ unseres Immunsystems – wandern massenhaft in die Schulter ein. Diese Zellen schütten Botenstoffe aus, sogenannte Zytokine. Zu den wichtigsten gehören Interleukin-1 und Tumor-Nekrose-Faktor-alpha. [1,2]
Diese Botenstoffe sind wie ein Alarmsignal für das Gewebe. Sie wecken spezielle Reparaturzellen, die Fibroblasten, auf und verwandeln sie in „Myofibroblasten“. Das Spannende an Myofibroblasten ist, dass sie Eigenschaften von Muskelzellen haben: Sie können sich zusammenziehen. Diese Zellen beginnen nun, massenhaft neues Kollagen zu produzieren, allerdings in einer unorganisierten, dichten Struktur. [1] Das Ergebnis ist, dass die Kapsel sich verdickt, vernarbt und aktiv zusammenzieht – sie schrumpft also biologisch, anstatt nur passiv zu verkleben.
Was die Forschung sagt
Die Wissenschaft beschreibt die Frozen Shoulder heute als eine „fibrotische Entzündungsreaktion“. [2] Das bedeutet, dass Entzündung und Vernarbung (Fibrose) Hand in Hand gehen. Interessanterweise ist das Kapselvolumen bei Betroffenen drastisch reduziert. Besonders betroffen sind Bereiche, die für die Beweglichkeit essenziell sind, wie der „Recessus axillaris“ – eine Reservefalte der Kapsel unter der Achsel, die wir brauchen, um den Arm zu heben. Diese Falte verklebt nicht nur, sie verwächst regelrecht. [1]
Bedeutung für Sie
Dieses Wissen ist entscheidend für den Umgang mit dem Schmerz. Der Schmerz, den Sie spüren, ist kein Zeichen dafür, dass Sie etwas „kaputt machen“, sondern ein Resultat dieser massiven chemischen Entzündung im Gelenk. Da es sich um eine biologische Schrumpfung handelt, lässt sich diese – besonders in der entzündlichen Anfangsphase – nicht einfach mit Gewalt „aufdehnen“. Ein aggressives Vorgehen würde das Feuer der Entzündung nur weiter anfachen. [3]
Der Körper als Ganzes: Risikofaktoren und Stoffwechsel

Warum trifft es die einen und die anderen nicht? Die Frozen Shoulder ist selten eine reine Erkrankung der Schulter allein. Oft fungiert die Schulter als „Zeiger“ für Ungleichgewichte im gesamten Stoffwechsel des Körpers. Es gibt klare Muster, wer besonders gefährdet ist.
Die Mechanismen: Wenn Zucker das Gewebe „karamellisiert“
Der stärkste Risikofaktor für eine Frozen Shoulder ist Diabetes mellitus. Die Zahlen sind deutlich: Während in der Allgemeinbevölkerung etwa 2 bis 5 % der Menschen betroffen sind, liegt die Rate bei Diabetikern zwischen 10 % und 38 %. [4,5] Aber warum ist das so?
Hier kommt ein faszinierender molekularer Mechanismus ins Spiel, die sogenannten „Advanced Glycation End-products“ (AGEs). Vereinfacht gesagt: Wenn der Blutzuckerspiegel über längere Zeit erhöht ist, beginnen Zuckermoleküle, sich an die Eiweiße unseres Bindegewebes (Kollagen) zu heften. Man kann sich das fast wie ein Karamellisieren vorstellen. [6]
Diese Verzuckerung führt zu zwei Problemen:
Quervernetzung (Cross-Linking): Die Kollagenfasern werden durch den Zucker starr miteinander verbunden. Das Gewebe wird steifer, spröder und lässt sich schlechter dehnen. [6]
Entzündungs-Turbo: Diese AGEs binden an spezielle Rezeptoren auf den Zellen (RAGE-Rezeptoren), was die Produktion von Entzündungsbotenstoffen weiter anheizt. Es entsteht ein Teufelskreis aus Steifigkeit und Entzündung. [6]
Was die Forschung sagt
Studien zeigen eine direkte Korrelation zwischen dem Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) und dem Risiko einer Frozen Shoulder. Jeder Anstieg des HbA1c-Wertes über 7 % erhöht das Risiko signifikant. [4] Zudem haben Patienten mit Diabetes oft schwerere Verläufe und reagieren etwas langsamer auf Therapien. [5] Auch Schilddrüsenerkrankungen, insbesondere die Unterfunktion (Hypothyreose), sind häufig mit der Frozen Shoulder assoziiert. [7]
Bedeutung für Sie
Wenn bei Ihnen eine Frozen Shoulder diagnostiziert wurde, ist es ratsam, auch Ihren Stoffwechsel im Blick zu haben. Etwa 30 % der Patienten, die wegen einer Schultersteife in die Praxis kommen, haben einen bisher unentdeckten Diabetes oder eine Vorstufe davon (Prädiabetes). [4] Nutzen Sie die Erkrankung als Chance, Ihre allgemeinen Gesundheitswerte checken zu lassen. Eine gute Einstellung des Blutzuckers ist nicht nur für Ihre Organe wichtig, sondern auch essenziell für die Heilung Ihrer Schulter.
Warum der Schmerz so stark ist: Das Nervensystem

Viele Patienten berichten, dass der Schmerz bei einer Frozen Shoulder eine ganz andere Qualität hat als bei anderen Gelenkproblemen. Er ist oft bohrend, raubt den Schlaf und tritt schon bei kleinsten Bewegungen blitzartig auf. Das liegt daran, dass nicht nur das Gewebe, sondern auch das Nervensystem betroffen ist.
Die Mechanismen: Neue Nerven und ein sensibleres Gehirn
In der entzündeten Gelenkkapsel passiert etwas Ungewöhnliches: Es sprossen neue, winzige Nervenfasern in das Gewebe ein. Dieser Vorgang nennt sich „Neoinnervation“. Diese neuen Nerven sind extrem empfindlich und feuern Signale schon bei geringsten Reizen ab. [1]
Doch das Problem liegt nicht nur in der Schulter. Durch den dauerhaften Schmerzreiz verändert sich auch die Verarbeitung im Zentralnervensystem (Rückenmark und Gehirn). Man nennt dies „Zentrale Sensibilisierung“. Das Gehirn dreht den Lautstärkeregler für Schmerz nach oben. MRT-Studien des Gehirns bei Patienten mit Frozen Shoulder zeigen sogar Veränderungen in Arealen, die für die emotionale Verarbeitung von Schmerz zuständig sind. [8,9]
Was die Forschung sagt
Das Nervensystem lernt den Schmerz. Patienten zeigen oft Zeichen einer Allodynie – das bedeutet, dass Reize, die eigentlich gar nicht schmerzhaft sein sollten, plötzlich als Schmerz empfunden werden. [9] Der Schmerz entkoppelt sich teilweise vom tatsächlichen Gewebezustand
Bedeutung für Sie
Das Wichtigste ist: Dieser extreme Schmerz bedeutet nicht, dass Sie bei jeder Bewegung etwas kaputt machen. Es ist oft ein „Fehlalarm“ eines überempfindlichen Nervensystems. Angst vor Bewegung (Kinesiophobie) kann diesen Prozess noch verstärken. Wissen und Aufklärung (Pain Neuroscience Education) sind daher genauso wichtig wie die Bewegung selbst. Wenn wir die Angst vor dem Schmerz verlieren, kann sich auch das Nervensystem langsam wieder beruhigen. [10]
Die Phasen der Heilung: Wann tun wir was?
Wann ist der richtige Zeitpunkt für Dehnübungen? Wann sollte man sich schonen? Die Antwort hängt ganz davon ab, in welchem Stadium sich Ihre Schulter befindet. Die richtige Einschätzung ist entscheidend für den Therapieerfolg.
Die Mechanismen: Von „Freezing“ zu „Thawing“
Klassischerweise wird der Verlauf in drei Phasen eingeteilt:
Freezing (Einfrieren): Schmerz steht im Vordergrund, besonders nachts. Die Beweglichkeit nimmt ab. Dies ist die Hochphase der Entzündung.
Frozen (Gefroren): Der Schmerz lässt nach, aber die Schulter ist maximal steif. Hier dominiert die Vernarbung (Fibrose).
Thawing (Auftauen): Die Beweglichkeit kehrt langsam zurück. [11]
Was die Forschung sagt
Neuere Leitlinien empfehlen, weniger auf die Zeit (Monate) zu schauen, sondern auf die „Gewebe-Irritabilität“. [11]
Hohe Irritabilität: Sie haben starke Schmerzen (über 7/10), ständigen Nachtschmerz und der Schmerz kommt vor dem Ende der Bewegung. Hier ist die Entzündung hochaktiv.
Niedrige Irritabilität: Sie haben kaum Ruheschmerz (unter 3/10), und es tut erst weh, wenn man die Schulter am Ende der Bewegung kräftig dehnt. Hier ist die Entzündung abgeklungen, es bleibt die Steifigkeit. [11]
Bedeutung für Ihre Therapie
Die Therapie muss sich Ihrer Phase anpassen. In der Phase der hohen Irritabilität gilt: Keine aggressiven Dehnungen! Das Gewebe ist entzündet und würde auf Dehnung nur mit noch mehr Entzündung reagieren. In der Phase der niedrigen Irritabilität hingegen dürfen und müssen wir intensiver arbeiten, um die Beweglichkeit zurückzugewinnen. [3,11]
Die Therapie: Warum „Supervised Neglect“ oft die beste Lösung ist
„Wir müssen die Verklebungen aufreißen!“ – diesen Satz hören Patienten zum Glück immer seltener. Die moderne Physiotherapie setzt auf einen sanfteren, klügeren Weg. Eine der wichtigsten Studien dazu hat den Begriff „Supervised Neglect“ (Überwachter Verzicht) geprägt.
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Mehr InformationenDas Video erklärt anschaulich, wie sich die Therapie von aggressiven Methoden (wie der Narkosemobilisation) hin zum heute favorisierten, abwartenden Vorgehen („Supervised Neglect“) entwickelt hat.
Die Mechanismen: Den Brand nicht mit Benzin löschen
Die Studie von Diercks & Stevens (2004) war wegweisend. Sie verglichen zwei Gruppen von Patienten. Die eine Gruppe bekam intensive Physiotherapie mit schmerzhafter Dehnung. Die andere Gruppe bekam die Anweisung, Übungen nur im schmerzfreien Bereich zu machen und die Schulter ansonsten weitgehend in Ruhe zu lassen („Neglect“), aber unter therapeutischer Begleitung („Supervised“). [12]
Was die Forschung sagt
Das Ergebnis war verblüffend: Nach 24 Monaten hatten 89 % der Patienten in der „Sanften Gruppe“ eine normale oder fast normale Schulterfunktion. In der Gruppe mit der intensiven, schmerzhaften Therapie waren es nur 63 %. [12] Die Patienten, die weniger aggressive Therapie machten, waren zudem schneller schmerzfrei.
Das Fazit der Forscher: In der schmerzhaften Phase („Freezing“) ist aggressive Therapie kontraproduktiv. Sie verursacht Mikrotraumata in der Kapsel, die die Entzündung am Laufen halten. [12,13]
Bedeutung für Sie im Alltag
„Viel hilft viel“ ist bei der Frozen Shoulder falsch. Wenn Sie in der schmerzhaften Phase sind, ist Ihre wichtigste Übung oft das sanfte Pendeln des Armes, um die Gelenkflüssigkeit zu verteilen, ohne die Kapsel zu reizen. Respektieren Sie Ihre Schmerzgrenze. Es ist keine Faulheit, die Schulter in Ruhe zu lassen – es ist evidenzbasierte Therapie. Erst wenn die Entzündung abgeklungen ist (in der „Frozen“ oder „Thawing“ Phase), steigern wir die Intensität und beginnen mit spezifischen Dehnungen, um die Beweglichkeit zurückzugewinnen. [11,13]
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Mehr InformationenDieses Video visualisiert die im Artikel für die „Freezing“-Phase empfohlenen Pendelübungen
Wenn Physiotherapie allein nicht reicht: Medizinische Hilfe
Manchmal ist die Entzündung so stark, dass Bewegungstherapie allein nicht greift. Der Schmerz ist so dominant, dass an Übungen gar nicht zu denken ist. Hier kann die Medizin ein „therapeutisches Fenster“ öffnen.
Die Mechanismen: Kortison als Feuerlöscher
Es gibt starke wissenschaftliche Beweise (Level 1a Evidenz), dass eine Injektion von Kortikosteroiden direkt in das Gelenk in der frühen, schmerzhaften Phase sehr effektiv ist. [11] Kortison ist ein starker Entzündungshemmer. Es unterbricht die Produktion der Zytokine und beruhigt die Synovitis. [11]
Was die Forschung sagt
Studien zeigen, dass die Kombination aus einer Injektion und anschließender, angepasster Physiotherapie effektiver ist als jede der beiden Maßnahmen allein. [14] Wichtig ist hierbei die Präzision: Ultraschallgesteuerte Injektionen sind deutlich treffsicherer als solche, die „blind“ gesetzt werden. [11]
Bedeutung für Sie
Haben Sie keine falsche Scheu vor einer Injektion, wenn Sie unter starken Nachtschmerzen leiden und sich in der frühen Phase befinden. Sie ist oft der „Gamechanger“, der die Entzündung so weit runterfährt, dass Sie wieder schlafen können und wir in der Physiotherapie überhaupt erst sinnvoll arbeiten können. Besprechen Sie dies mit Ihrem Orthopäden.
Prognose: Wie geht es weiter?
Die wohl häufigste Frage ist: „Wird das wieder ganz gut?“ Lange galt die Frozen Shoulder als „selbstlimitierend“, also als eine Krankheit, die von alleine komplett ausheilt. Ganz so einfach ist es leider nicht, aber die Aussichten sind dennoch gut.
Was die Forschung sagt
Zwar verschwindet der akute Schmerz bei fast allen Patienten, aber ganz ohne Therapie oder bei ungünstigen Verläufen (z. B. bei Diabetes) können bei bis zu 40–50 % der Betroffenen leichte Bewegungseinschränkungen zurückbleiben. [15] Doch die gute Nachricht ist: Etwa 90 % der Patienten erreichen ein Niveau, mit dem sie im Alltag vollkommen zufrieden sind und keine Beeinträchtigungen mehr spüren. [15]
Bedeutung für Sie
Geduld ist Ihr wichtigster Begleiter. Der Heilungsprozess dauert Monate, manchmal bis zu zwei Jahre oder länger. Das ist frustrierend, aber normal. Setzen Sie sich realistische Ziele. Eine schmerzfreie Schulter, mit der Sie 95 % Ihrer Alltagstätigkeiten erledigen können, ist ein hervorragendes Ergebnis – auch wenn vielleicht die allerletzten Grade der Streckung fehlen sollten.
Moderne Frozen Shoulder Behandlung in Dortmund: Warum sanfte Therapie oft schneller zum Ziel führt.
Bei Physiotherapie TheraMediCom in Dortmund verstehen wir, dass eine Frozen Shoulder keine rohe Gewalt, sondern die richtige Strategie zur richtigen Zeit braucht. Wir verabschieden uns vom veralteten „No Pain, No Gain“ und behandeln streng nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen: Kein aggressives Dehnen in der Entzündungsphase, sondern eine phasengerechte Begleitung, die auch Ihren Stoffwechsel im Blick hat.
Vereinbaren Sie jetzt Ihren Termin – wir analysieren genau, in welchem Stadium sich Ihre Schulter befindet, und erstellen gemeinsam einen Plan, der Ihren Heilungsprozess fördert, statt ihn durch unnötigen Schmerz zu blockieren.
Häufige Fragen (FAQ)
Kann ich dem „Einfrieren“ vorbeugen?
Leider gibt es derzeit keine bekannte, sichere Prophylaxe, um eine Frozen Shoulder komplett zu verhindern. Da aber Diabetes und Stoffwechselstörungen große Risikofaktoren sind, ist ein gesunder Lebensstil und eine gute Blutzuckereinstellung der beste Schutz, den Sie Ihrem Körper bieten können. [11,16]
Soll ich Wärme oder Kälte anwenden?
Das hängt von Ihrem Empfinden und der Phase ab. Da es sich im frühen Stadium um eine aktive Entzündung handelt, empfinden viele Patienten Kälte (z. B. Coolpacks, aber nie direkt auf die Haut) als lindernd für den akuten Schmerz. In späteren Stadien, wenn es eher um Steifigkeit und Muskelverspannungen geht, kann Wärme helfen, das Gewebe lockerer zu machen. Probieren Sie vorsichtig aus, was Ihnen gut tut. [11]
Muss ich operiert werden?
In den allermeisten Fällen: Nein. Eine Operation (arthroskopische Kapsulotomie) gilt als „Ultima Ratio“, also als letzte Möglichkeit. Sie wird erst in Betracht gezogen, wenn eine konsequente konservative Therapie über mindestens 6 bis 12 Monate keine Besserung gebracht hat und der Leidensdruck weiterhin sehr hoch ist. [17] Die Ergebnisse einer OP sind gut, aber oft nicht besser als das Ergebnis, das man mit Geduld und konservativer Therapie etwas später auch erreicht hätte. [17]
Darf ich Sport machen?
In der schmerzhaften Phase sollten Sie Sportarten vermeiden, die die Schulter belasten oder ruckartige Bewegungen erfordern (Tennis, Schwimmen, Krafttraining für den Oberkörper). Erlaubt ist alles, was keinen Schmerz provoziert (z. B. Radfahren auf dem Ergometer, Spazieren, Beintraining). Bewegung ist gut für den Stoffwechsel und die Psyche – bleiben Sie also aktiv, aber schonen Sie die betroffene Schulter („Relativer Ruhe“). [12]
Warum dauert das so lange?
Der Umbau von Kollagen ist ein sehr langsamer biologischer Prozess. Der Körper muss das wuchernde, entzündete Gewebe erst beruhigen und dann das zu viel produzierte, vernarbte Gewebe wieder abbauen und „umbauen“ (Remodellierung). Das lässt sich biologisch kaum beschleunigen, ähnlich wie ein Knochenbruch seine Zeit zum Heilen braucht – nur dass der Stoffwechsel in der Gelenkkapsel noch langsamer ist.
Download: Evidenzbasierte Knowledge Base zur Physiotherapie bei Frozen Shoulder (Adhäsive Kapsulitis)
Egal, ob Sie als Therapeut Ihre Behandlungsstrategien auf den Prüfstand stellen oder als Patient die komplexe Natur Ihrer Schultererkrankung verstehen wollen: Dieses Dokument synthetisiert die aktuelle Studienlage (RCTs, Reviews und Leitlinien 2010–2025) zu einem klaren klinischen Fahrplan.
Diese Knowledge Base verabschiedet sich von veralteten, rein mechanischen Ansätzen des „Verklebungen-Lösens“ und etabliert stattdessen das moderne Verständnis einer fibrotischen Entzündungsreaktion. Im Dokument finden Sie detaillierte Informationen zu:
Das Irritabilitäts-Modell: Erfahren Sie, warum die klassische Einteilung nach Zeitphasen oft irreführend ist und wie die Unterscheidung nach „Gewebe-Irritabilität“ (hoch vs. niedrig) die Dosierung der Therapie diktiert.
„Supervised Neglect“ vs. Intensive PT: Die wissenschaftliche Begründung, warum in der entzündlichen Phase das Prinzip „No Pain, No Gain“ kontraproduktiv ist und warum sanftere Strategien oft zu schnelleren Ergebnissen führen.
Der metabolische Zusammenhang: Ein tiefer Einblick in die Rolle von Diabetes und hormonellen Faktoren (AGEs, Schilddrüse), die erklären, warum die Frozen Shoulder oft mehr als nur ein lokales Schulterproblem ist.
Multimodales Management: Klare Entscheidungshilfen, wann Physiotherapie allein an Grenzen stößt und wann additive Maßnahmen wie intraartikuläre Injektionen evidenzbasiert notwendig sind, um ein „therapeutisches Fenster“ zu öffnen.
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Frozen Shoulder: Evidenzbasierte Physiotherapie-Wissensdatenbank
Quellenverzeichnis
[1] Le, H. V., Lee, S. J., Nazarian, A., & Rodriguez, E. K. (2017). Adhesive capsulitis of the shoulder: review of pathophysiology and current clinical treatments. Shoulder & Elbow. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5384535/
[2] Prestgaard, T. et al. (2025). Frozen Shoulder as a Systemic Immunometabolic Disorder. Journal of Clinical Medicine. DOI: https://doi.org/10.3390/jcm14020731
[3] Vermeulen, H. M. et al. (2006). Comparison of high-grade and low-grade mobilization techniques in the management of adhesive capsulitis of the shoulder. Physical Therapy. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16506872/
[4] Zreik, N. H., Malik, R. A., & Charalambous, C. P. (2016). Adhesive capsulitis of the shoulder and diabetes: a meta-analysis of prevalence. Muscles, Ligaments and Tendons Journal. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC4915459/
[5] Whelton, C. et al. (2022). The Risk of Shoulder Adhesive Capsulitis in Individuals with Prediabetes and Type 2 Diabetes Mellitus. Diabetes & Metabolism Journal. Verfügbar unter: https://e-dmj.org/journal/view.php?doi=10.4093/dmj.2022.0275
[6] Kilian, O. et al. (2016). Advanced glycation end products in idiopathic frozen shoulders. Archives of Orthopaedic and Trauma Surgery. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5402873/
[7] Uppal, H. S. et al. (2023). Prevalence of and Risk Factors for Adhesive Capsulitis of the Shoulder in Older Adults. Journal of Clinical Medicine. Verfügbar unter: https://www.mdpi.com/2077-0383/12/2/669
[8] Simons, L. E. et al. (2023). Deficits in the thalamocortical pathway associated with hypersensitivity to pain in patients with frozen shoulder. Frontiers in Neurology. Verfügbar unter: https://www.frontiersin.org/journals/neurology/articles/10.3389/fneur.2023.1180873/full
[9] Dismuke, J. et al. (2024). A new perspective of frozen shoulder pathology; the interplay between the brain and the immune system. Frontiers in Physiology. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11009429/
[10] Louw, A. et al. (2018). Use of Pain Neuroscience Education… in an Individual With Frozen Shoulder. JOSPT. Verfügbar unter: https://www.jospt.org/doi/10.2519/jospt.2018.7716
[11] Kelley, M. J. et al. (2013). Shoulder Pain and Mobility Deficits: Adhesive Capsulitis. Clinical Practice Guidelines. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy. Verfügbar unter: https://www.jospt.org/doi/10.2519/jospt.2013.0302
[12] Diercks, R. L., & Stevens, M. (2004). Gentle thawing of the frozen shoulder: a prospective study of supervised neglect versus intensive physical therapy. Journal of Shoulder and Elbow Surgery. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15383804/
[13] Bahru, N. (2020). Frozen Shoulders…Can Aggressive Mobilizations be actually be making it Worse? APTEI. Verfügbar unter: https://www.aptei.ca/library-article/frozen-shoulders-can-aggressive-mobilizations-be-actually-be-making-it-worse/
[14] Challoumas, D. et al. (2020). Comparison of Treatments for Frozen Shoulder: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Network Open. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33326025/
[15] Wong, C. K. et al. (2017). Natural history of frozen shoulder: fact or fiction? A systematic review. Physiotherapy. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27641499/
[16] Cohen, C. et al. (2021). Adhesive Capsulitis (Frozen Shoulder). StatPearls. Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK532955/
[17] Zhang, J. et al. (2024). Arthroscopic capsular release is more effective in pain relief than conservative treatment… Journal of Orthopaedic Surgery and Research. Verfügbar unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10870563/


